MIT WENIGER STROM ZUM ERFOLG?

Obwohl Auto des Jahres 2023, ist der elektrische Jeep Avenger nicht allzu oft auf unseren Strassen anzutreffen. Eine Hybridversion soll das ändern.

Wenn ein Modell während eines Kalenderjahres exakt 293-mal zugelassen wird, ist das auch für Schweizer Verhältnisse wenig. Selbst dann, wenn man weiss, dass die ersten Fahrzeuge erst im Mai den Weg zu den Händlern fanden und eingelöst werden konnten. Nein, der Jeep Avenger ist noch nicht so richtig in Fahrt gekommen, aber das liegt vermutlich mehr am Antrieb als am Auto selbst. Ganz sicher aber liegt es am Preis. Denn der Jeep Avenger war bei der Markteinführung im Mai 2023 ausschliesslich mit vollelektrischem Antrieb zu haben und startete bei knapp 40’000 Franken. Das ist selbst für einen Siegertyp – das Modell konnte sich die Auszeichnung zum europäischen Auto des Jahres 2023 sichern – zu viel. Denn letztlich bewegt sich der Avenger mit seinen 4,08 Metern Länge im B-Segment, ist also ein eher kleines Auto.

Schon im Laufe des vergangenen Jahres gab es Verkaufsunterstützung in Form einer weiteren Antriebsvariante mit 1,2-Liter-Turboaggregat und 74 kW/100 PS. Diese ausschliesslich mit Handschaltung erhältliche Motorisierung verkaufte sich in der Schweiz auch nur schleppend, nur ein paar Dutzend Benzin-Avenger wurden eingelöst. Der Umstand, dass jemand, der lieber nicht selber schalten will, zwingend zum Stromer greifen muss, hilft auch nur bedingt. Das Auto hat aber zweifelsfrei Potenzial, nur müssen die Kundenwünsche besser berücksichtigt werden. Dies soll nun die dritte Antriebsvariante im Portfolio erledigen, ein 48-Volt-Mildhybrid mit ebenfalls 74 kW/100 PS, der an ein 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe gekoppelt ist.

Vor allem in der Stadt effizient

Eigentlich ist der von Jeep verwendete Begriff Mildhybrid nicht ganz zutreffend, denn im Getriebe ist ein 21 kW/29 PS starker Elektromotor installiert, der das Auto bei tiefen Geschwindigkeiten auch einige Hundert Meter allein bewegen kann, etwa in Tempo-30-Zonen sowie beim Rangieren und Parkieren. Auf einer ersten Probefahrt zeigte sich schnell, dass Jeep hier eine ideale Mischung gefunden hat: Der Antriebsstrang geht zwar nicht so bissig zu Werke wie die vollelektrische Variante, aber untermotorisiert fühlt sich der Avenger E-Hybrid in keiner Lebenslage an. Das hängt auch mit seinem verhältnismässig niedrigen Gewicht zusammen, er wiegt leer 1288 Kilogramm, rund 200 Kilogramm weniger als der Avenger Elektro.

Gemäss Jeep soll das Treibstoffeinsparpotenzial gegenüber dem Benziner ohne E-Unterstützung 13 Prozent betragen, im Stadtverkehr sind es nach WLTP sogar 28 Prozent. Auf der Testfahrt fuhr der Avenger E-Hybrid beim Durchqueren von Ortschaften tatsächlich ziemlich oft elektrisch. Laut Bordcomputer lag er dort bei einem Verbrauchswert von unter fünf Litern, ausserorts und auf der Autobahn wurden je nach Geschwindigkeit zwischen sechs und acht Liter angezeigt. Den aktuellen Betriebszustand verkündet der Avenger E-Hybrid im Fahrerinformationsdisplay. Dort ist auch der aktuelle Füllstand der 0,9-kWh-Lithium-Ionen-Batterie unter dem Fahrersitz ersichtlich. Damit diese immer wieder aufgeladen wird, verzögert der Hybrid-Avenger beim Loslassen des Gaspedals etwas stärker als ein normaler Benziner. Davon spürt man als Fahrer aber wenig, man kann einfach beobachten, wie sich der Ladestand beim Ausrollen und natürlich beim Bremsen mittels Rekuperation wieder erhöht.

Offroad ist ein Muss

Der Avenger E-Hybrid wird vorerst nur mit Frontantrieb angeboten, so wie das Elektromodell und jener mit dem nicht elektrisch unterstützten Benzinmotor. Natürlich erwartet man von einem Jeep aber Allradantrieb, schliesslich gehört das zur DNA der amerikanischen Marke (die immer noch amerikanisch ist, aber nur noch teilweise in den USA produziert wird). Deshalb will Jeep spätestens Ende Jahr eine 4xe-Variante auf den Markt bringen, die voraussichtlich 100 kW/136 PS leistet und einen zusätzlichen Elektromotor für die Hinterachse bekommt.

Bis der Allrad-Avenger definitiv lanciert wird, geschweige denn zu kaufen ist, dauert es also noch ein Weilchen. Vorher müssen es die Modelle mit Frontantrieb richten, was ihnen dank mindestens 200 Millimeter Bodenfreiheit, 19 Grad Böschungswinkel vorne und 33 Grad hinten gar nicht so schlecht gelingt. Um die nicht angetriebenen Hinterräder vergessen zu machen, verfügt der Jeep Avenger E-Hybrid serienmässig über sechs Fahrmodi, drei für Stadt- und Langstreckenfahrten, drei weitere für die Abenteuerlustigen. Sie heissen Sand, Schlamm und Schnee. Dazu kommt eine Bergabfahrkontrolle.

Einen echten Allradantrieb können solche Spielereien natürlich nicht ersetzen, aber auf dem Offroadparcours des Stellantis-Konzerns in Balocco (I) gab sich der Avenger wirklich keine Blösse. Ob Steigungen, Gefälle, Schrägfahrten oder Verschränkungen: Das Auto meisterte all diese Herausforderungen mit Bravour. Zumindest im normalen Alltag muss niemand mehr beherrschen. Da die Offroadfähigkeiten nicht mit rumpligem Fahrverhalten auf der Strasse erkauft werden müssen – wie schon der Avenger Elektro überzeugt auch der E-Hybrid hier mit überraschend grosser Agilität und einer präzisen Lenkung –, darf man Jeep attestieren, eine durchaus gelungene Fahrwerksabstimmung gefunden zu haben. Bleibt die Frage nach dem Preis. In der Schweiz startet der Avenger E-Hybrid als Variante Black Kite bei 26’990 Franken. Die nächsthöheren Ausstattungslinien Swiss Altitude und Summit kosten 32’490 respektive 34’490 Franken.

Dieser Artikel stammt aus der «Automobil-Revue» – www.automobilrevue.ch

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