CAMPINGBUS CROSSCAMP FLEX 541 IM TEST: SO FUNKTIONIERT DER UNGEWöHNLICHE CAMPER-GRUNDRISS

Die Klein-Van-Marke Crosscamp geht in den Markt der großen Kastenwagen. Mit drei Grundrissen. Mit zwei klassischen und diesem hier. Der soll vor allem das jung-dynamische Markenimage in die große Klasse der ausgebauten Vans transportieren.

Ganze vierzehn Grundrissmöglichkeiten können laut dem Crosscamp-Katalog mit dem Flex verwirklicht werden. Also einmal kaufen, ein Leben lang Grundrisse puzzeln? Das klingt nach großer Freiheit, nach allen Möglichkeiten zwischen Luxusliner und Transporter. Irgendwie klingt das auch nach vierzehn Kompromissen, oder? Auf den ersten Blick stimmt das Bauchgefühl mit dem flexiblen kurzen Campingbus Flex 541, man bekommt Lust, ihn zu testen, schon eine echt coole Idee. Aber: Die Stolperfallen kommen früher als gedacht. Wir gehen auf Reise.

Außen ist der Van 541 Zentimeter lang und weil er im Inneren eine Längscouch hat und kein Bett im Heck, wirkt er wie ein Sechs-Meter-Ducato. Das ist gut. Allerdings nur, bis man anfängt, den Flex zu beladen. Möbelseitig bietet er nämlich weniger Staumöglichkeiten, als das auf den ersten Blick den Eindruck macht.

Die Idee hinter dem Flex: Möbel lassen sich ausbauen (ein Teil des Küchenmoduls) und die Couch hochklappen, die hinteren Sitze können mit etwas Aufwand entnommen werden. Dann entsteht Platz, dann lässt sich ein Fahrrad reinstellen oder sogar – laut Marketing – ein Motorrad. Zumindest eine kleine Cross-Maschine. Aber wohin mit all den anderen Dingen wie Campingstühle, Grill, Klamotten und Porta Potti?

Daten und Grundriss Crosscamp Flex 541

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  • Länge/Breite/Höhe: 5,42/2,05/2,65 m
  • Zul. Gesamtgewicht: 3.500 kg
  • Gurte/Schlafplätze: 2 (4)/2 (4)

Der Ein-Personen-Campingbus

Zum Testen, wie weit das Konzept wirklich praxistauglich ist, fahren wir nach Winterberg in den Bikepark. Meine neunjährige Tochter und ich. Fahrräder sind auf dem Heckträger, weil innen hätten sie nur dann Platz, wenn es Sommer wäre und wir im optionalen Aufstelldach schlafen könnten. Aber dafür ist es zu kalt.

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Die Couch unten können wir ausziehen und sie wird dann zu einem Doppelbett. Da schlafen wir drauf. Es besteht aus verschiedenen Polsterteilen, wir basteln eine Liegefläche. Vor der ersten Nacht bin ich skeptisch.

Die Nacht davor hatte ich alleine im Flex übernachtet, ohne das Doppelbett zu bauen, direkt auf der Couch, das war prima. Da blieb dann am Abend ein gutes Raumgefühl. Schon cool, so eine Längscouch, eine große Küche und das alles alleine für sich, das passt.

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Der Flex hat zwar vier mögliche Gurt- und Schlafplätze, aber eigentlich ist er, will man ihn als Wohnmobil nutzen, eher ein Ein-Personen-Modell. Da nach solchen von Kundinnen und Kunden offenbar immer wieder gefragt wird: Hier ist der Einzelreise-Grundriss mit Single-Längsbett. Zu zweit wird die Nacht anstrengend. Die Polster rutschen hin und her. Sie haben seitlich zu wenig Halt. Mir knallt die Hüfte auf den Lattenrost, bequem ist anders.

Dazu leuchtet das Bedienpanel zu hell. Meine Tochter, durchaus VW-Bus-erfahren, will nach zwei Nächten nach Hause. Es ist ihr einfach zu unbequem, das ist sie anders gewohnt.

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Ja, es ist ein Prototyp, den Crosscamp uns zum Testen gegeben hat. Nur: Im Hymer-Konzern, zu dem die Marke Crosscamp gehört, kennt man den Grundriss in ähnlicher Form aus früheren Versuchen. Durch das Hymer-Modell Duo Car gibt es bereits Erfahrung mit der Längscouch-Lösung, die Hymer damals mit viel Ausprobieren im Zusammenhang mit einer Beraterfirma aufgebaut hat. Hier haben wir über den Duo Car berichtet.

Heck-Gestaltung im Crosscamp

Im Heck gibt es drei Möglichkeiten der Gestaltung: Entweder hängen Reisende ein Kunststoffregal an die Decke oder eine Dusche oder sie nutzen den Raum, um dort Sachen zu lagern. Denn was der Grundriss wenig bietet, ist Raum für das Notwendigste wie Kabeltrommel oder Stühle, aber auch nicht für die Dinge, die eben genau die angepeilte Zielgruppe von Sportlern braucht. Mein Integralhelm zum Biken passt in keines der Schrankfächer. Nur in das von der Decke hängende Campingregal.

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Was ebenfalls nirgends hineinpasst, ist ein Porta Potti, also eine kompakte Chemietoilette. Der Flex hat gar keine Toilette vorgesehen. Die meisten seien ja eher auf Campingplätzen, sagt Crosscamp. Nun, da kommen wir schnell argumentativ in den Zielkonflikt der Flexibilität und sehen das Problem des Kompromisses.

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Warum haben wir eine optionale Dusche – aber kein Klo? Nicht mal ein Fach für das kleinste Porta Potti? Wenn man auf Campingplätzen ist, warum hat die Dusche dann keinen Abwassertank, sondern ein Loch im Boden, durch das Abwasser nach unten durch rauscht? Das akzeptiert heute kein Campingplatz mehr. Klar, Reisende könnten, wie bei Caravans, nun einen Tank darunter stellen, aber wo soll der untergebracht werden?

Meine Fahrradpumpe, die Taschen mit den Klamotten und den Protektoren, das Skateboard und das Bettzeug lagern bei unserem Trip in der Dusche. Apropos Dusche: Wo das Wasser dafür herkommt? Aus einer mobilen Dusche, also einem Beutel oder sagen wir Kunststoffsack, der mit Wasser gefüllt wird, dem man per Fußpumpe einen Überdruck verpasst. Der drückt das Wasser dann durch eine Brause. Was funktioniert. Grundsätzlich duscht es sich in der Faltkabine gut, es ist mehr Platz vorhanden als in engen, festen Nasszellen mit Duschvorhang. Aber das Wassermanagement ist eben umständlich und das Wasser im Winter kalt, wenn die Sonne den Sack vorher nicht aufheizen kann.

Gute Küchenausstattung

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Mit der Kücheneinrichtung kommen wir hingegen gut klar. Der Kühlschrank ist groß, hochgesetzt, damit gut zugänglich. Die unteren Schränke sind okay, teils nicht besonders tief, weil da beim 540er der Radkasten aufgrund des kurzen Radstands schon im Weg ist. Um hier noch etwas Flex ins Konzept zu bringen, lässt sich der vordere Küchenblockteil aus dem Fahrzeug nehmen; der mit dem Waschbecken.

Das schafft natürlich Platz an dieser Stelle, falls man hier welchen braucht. Aber: Im Schrank befinden sich außerdem die Wassertanks – je zehn Liter Frisch- und Abwasser. Die wären dann ebenfalls ausgebaut. Wenn sie dabei sind, ist das Wasservolumen eher für den Campingplatz geeignet, wo der nächste Wasserhahn nicht weit entfernt ist.

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Die Nacht ist kalt. Ich bin froh, dass ich meiner Tochter den wärmsten Schlafsack aus dem privaten Fundus mitgenommen habe. Die zwei Kilowatt schwache Dieselheizung bekommt den Raum nicht warm. Was zum Teil an der thermisch ungeschickten Anordnung der Ausströmer liegt. Nur hinten, um den Kühlschrank-Block herum, sind drei Ausströmer platziert, zu nah beisammen. Das Kind sitzt davor wie am Lagerfeuer und versucht sich aufzuwärmen.

Nachts stelle ich das Eberspächer-Panel auf Vollgas. Entsprechend hört sich das Gebläse an. Fast wie ein 2000-Watt-Fön neben dem Kopf. In der zweiten Nacht fällt die Heizung aus. Bis wir aufwachen, ist es sehr kalt; bis es wieder warm ist, dauert es lange. Mehr Ausströmer, die die Wärme auch nach vorne bringen, gehen wegen des modularen Möbelkonzepts nicht.

Campervan mit tollem Look

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Außen schaut der Flex natürlich prima aus. In dem Grau, mit dem SCA-Aufstelldach samt selten eingebauter Dachhaube. Und dann die 18-Zoll-Räder und AT-Reifen, Kuhfänger und LED-Leiste. Martialisch, wild, er teilt der Umwelt mit: Ich habe heute noch was vor.

Die Reifen fühlen sich gut an. In der Kombination mit dem kurzen Radstand eine gelungene Wahl. Auch der Geradeauslauf wird durch die großen Räder besser. Das Abrollgeräusch ist kein Thema. In diesem Punkt sind die Loder-AT-Pneus toll.

Basis des Testwagens ist ein Fiat Ducato – was am Prototyp-Status liegt. In Serie basiert der Flex auf dem weitgehend baugleichen Opel Movano aus dem Stellantis-Konzern. Aufgefallen ist am Testwagen zudem die elektrische Feststellbremse. Ein Feature, das Testwagen bislang selten aufwiesen. In Kombination mit dem Schaltgetriebe nicht unbedingt eine empfehlenswerte Option.

Zwar spart man sich den beim Sitzdrehen störenden Handbremshebel, aber besonders beim Anfahren am Berg fehlt die Kontrolle beim Einkuppeln, da der Hillholder nicht gänzlich berechenbar arbeitet. Wenn der den Wagen loslässt und man selbst mit der Kupplung nicht sofort auf den Punkt kommt, schießt Adrenalin ins Blut, weil der Wagen kurz rollt.

Flex braucht Kompromissbereitschaft

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Ansonsten ist ein 540er für alle, die einen kompakten Camper suchen, aber nicht mehr in der Bulli-Klasse herumkriechen mögen, eine gute Wahl. Ist es der Flex auch? Ein Kollege hatte den Gedanken, mit dem Flex erhalten Interessierte einen halb fertig ausgebauten Camper mit Garantie, toll für alle, die keine Zeit oder Lust oder Fähigkeit zum kompletten Selbstausbau haben. Dennoch bleibt fraglich, ob Camper und Camperinnen mit dieser Art Kompromiss bei dem nicht so geringen monetären Einsatz auf Dauer glücklich werden.

Der Crosscamp Flex braucht ein Fach für ein Porta Potti, ein Fach, in das ein Integralhelm passt, eine Heizung, die ihn warm bekommt, und die Wasserpumpe für den Spülbeckenhahn muss an die Bordbatterie angeschlossen werden (die ist hier akkubetrieben).

Die Couch ist technisch clever umgesetzt, für bequemen Schlaf reicht der getestete Prototyp aber noch nicht. Vierzehn Grundrisse sind vierzehn Kompromisse. Das liegt in der Natur der Sache und die überlistet der Flex nicht.

Das fiel uns auf

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(+) Große Klasse: das Midi-Heki im Aufstelldach. Es bringt Licht und Luft ins Fahrzeuginnere.

(+) (-) Schön gemachte Innenverkleidungen im Bootslook. Die Fächer sind klein, die Bänder leiern aus.

(+) (-) Die Kleiderstange ist praktisch, die Dusche dagegen schon etwas sehr hemdsärmelig.

(-) Das sehen Campingplatzbesitzende nicht gern. Duschabwasser läuft direkt nach unten ins Freie.

(-) Herausnehmbarer Küchenblock, konzeptbedingt nicht abgedichtet: Gefahr für Wasserschäden.

(-) Wenn nachts die Polster auseinanderrutschen und die Hüfte auf die Latten knallt – schmerzhaft.

Crosscamp Flex 541

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Daten und Messwerte

Auf- und Ausbau: Stahlblechkarosserie, außen und innen Stahl, Dach GFK, Isoliermaterial Wand/Dach/Boden k. A., Wandstärke Wand/Dach/Boden k. A., 3 Kunststoff-Isolierfenster mit Alu-Rahmen, SCA-Aufstelldach mit öffenbarem Balg, 3 Gaze-Fenster, 1 Panorama-Dachfenster.

Bordtechnik: Kraftstoff-Gebläseheizung, Eberspächer, 2000 W, 3 Ausströmer (2 x Küche, 1 x Heckschrank), Wasseranlage: Frischwasserschlauch, Abwasserrohr, 4 USB-Steckdosen, 2 x 230 V.

Basisfahrzeug*: Opel Movano, Kastenwagen, Vorderradantrieb, Vierzylinder-Turbodiesel, Hubraum 2184 cm³, Leistung 103 kW/140 PS bei 3500/min, Drehmoment 350 Nm bei 1400–2500/min, Sechsgang-Schaltgetriebe.

Fahrleistungen: Beschleunigung 0–50/80/100 km/h 7,0/13,6/20,0 s; Elastizität 60–80/100 km/h (4.//5. Gang) 4,9/11,5//8,5/16,1 s, Testverbrauch 9,5 L/100 km.

*Testwagen mit baugleichem Fiat.

Preise und Ausstattung

Grundpreis: 49.999 Euro

(Opel Movano, 2.2 Blue HDI, Motor 103 kW/140 PS) plus TÜV und Zulassungsbescheinigung II (189 Euro)

Testwagenpreis: 68.067 Euro

165-PS-Motor 2.699 Euro

✘ Farbe Expedition Grey (Campovolo)✔ 699 Euro

✘ Sicherheitspaket (Fahrassistenten)✔ 1.999 Euro

✘ Aufstelldach schwarz inkl. Leuchte (127 kg)✔ 5.990 Euro

✘ Einzelsitze klappbar ✔ je 1.599 Euro

✘ Kompletträder-Set 18’’, breite Kotflügel ✔ 4.099 Euro

✘ Transport- und Versicherung (Zwangsoption) ✔ 1.045 Euro

✘ Nebelscheinwerfer ✔ 199 Euro

✘ im Testwagen enthalten; ✔ empfehlenswert

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