ERWACHSEN IM ZWEITEN ANLAUF

Toyota will sein eher biederes Image loswerden. Vor allem beim Design treiben die Japaner viel Aufwand – auch beim neuen C-HR.

Schon die 2017 eingeführte erste Generation des C-HR wurde aufgrund ihres auffallenden Designs vor allem von einer jüngeren Fangemeinde gefeiert und andererseits von vorwiegend puristisch eingestellten Zeitgenossen als Effekthascherei abgetan. Nicht ganz zu Unrecht, und doch fand der kompakte Crossover in sechs Jahren in Europa immerhin 840’000 Abnehmer. Bei der zweiten Generation wurde das Blechkleid gewissermassen entschleunigt: Markante Sicken, übertriebene Überhänge und Abkantungen sind einem harmonischen und beruhigteren Design gewichen. Die Front mit schmalen LED-Scheinwerfern ist eleganter, die Heckpartie mit nur vom Markenlogo unterbrochenem Leuchtenband frischer. Auch wer einen CH-R der zweiten Generation kauft, wird die Blicke der anderen Verkehrsteilnehmer auf sich ziehen. Auch wegen der optional erhältlichen Bi-tone-Lackierung.

Der C-HR ist also erwachsen geworden und wird damit einer breiteren Käuferschaft zugänglich. Toyota erwartet für 2024, in der Schweiz rund 2100 Einheiten an den Mann beziehungsweise an junge Schweizer Familien zu bringen – diese sollten allerdings ihre ersten finanziellen Hürden bereits gemeistert haben, denn Toyotas Neuer drückt mit mindestens 36’900 Franken aufs Haushaltsbudget. Der 1,8-Liter-Fronttriebler mit 103 kW/140 PS starkem Hybridantrieb muss dann aber reichen. Toyotas bewährten Hybridantrieb haben alle C-HR-Varianten, je nach angepeiltem Preisschild kommt er aber mit dem stärkeren 2-Liter-Aggregat und Allradantrieb oder auch als Plug-in-Hybrid. Der günstigste Allradler wechselt für 43’900 Franken seinen Besitzer, für den Plug-in (nur Frontantrieb) fordert Toyota mindestens 47’900 Franken ein. Topausgestattet (2.0 GR Sport Premiere) sind sogar 55’700 Franken fällig.

Das Design fordert Tribut

Das sind stolze Preise für ein gerade mal 4,36 Meter langes Fahrzeug. Das Design mit der coupéhaft nach unten gezogenen Dachlinie fordert ihren Tribut, und zwar für die Passagiere in der zweiten Reihe: Schon der Einstieg in den Fond gestaltet sich für Erwachsene etwas eckig, danach sitzt man mit zwar ausreichend Fussraum, aber bei Körperlängen über 1,80 Metern leidet die Kopffreiheit spürbar. Vorn dagegen sitzt man gut, wenn auch die manuelle Sitzverstellung für den Beifahrer etwas fummelig ausgefallen ist und man zudem, wie so häufig bei asiatischen Marken, den Sitz nicht tief und das Lenkrad nicht hoch genug einstellen kann. 443 Liter fasst der Kofferraum des CH-R mit der Basismotorisierung, beim stärkeren Hybrid sind es noch 428 Liter, in der Allradversion sogar nur 422. Noch kleiner fällt der Stauraum beim Plug-in-Hybrid aus, der mit 350 Litern gerade mal Kleinwagen-Niveau erreicht.

Innen punktet der CH-R dafür mit einer sinnvollen Anordnung sauber verarbeiteter Bedienelemente sowie durch die Verwendung von über 100 Teilen aus rezyklierten Materialien. Das Lederlenkrad ist jetzt vegan, die Sitzbezüge sind aus alten PET-Flaschen gewoben, und auch die Fussmatten leben hier ihr «second life». Das ist nicht nur vorbildlich, sondern spart bei der Produktion Tonnen an CO₂. Insgesamt gibt die Bedienung wenig Rätsel auf, analoge Tasten wie etwa für die Klimaanlage sind ebenso vorhanden wie rein digitale Zugriffsmöglichkeiten über den 12,3 Zoll grossen, zum Fahrer hin ausgerichteten Touchscreen. Das Zentralinstrument misst ebenfalls 12,3 Zoll, ein Head-up-Display gibt es nun auch.

Ausgereifte Antriebe

Dass Toyota schon seit den 90er-Jahren viel Erfahrung mit Hybridantrieben gesammelt hat, merkt man der mittlerweile fünften Hybridgeneration deutlich an. Das Zusammenspiel von Verbrennungs- und E-Motoren funktioniert einwandfrei, und das mit der Sparsamkeit haut bei zurückhaltender Fahrweise auch hin. Rund 5 Liter beträgt der Normverbrauch beider Antriebe laut Werk, was in der Praxis im Stadtverkehr erreichbar scheint. Das gilt auch für den Plug-in-Hybrid, den man allerdings von Haus aus wohl eher vorsichtig bewegen wird. Denn sonst sind die über 60 Kilometer elektrischer Reichweite aus der 13,6 kWh grossen Batterie nicht annähernd erreichbar.

Im Gegensatz zum sportlichen optischen Auftritt verhält sich das Fahrwerk des C-HR ausgewogen und komfortabel. Die gutmütige Abstimmung sorgt für den nötigen Alltagskomfort, nichtsdestotrotz vermittelt der in Europa entwickelte und in der Türkei produzierte Japaner auf der Landstrasse aber auch Fahrspass. Wenn man nicht zu abrupt beschleunigt und damit das CVT-Getriebe in akustische Verlegenheit bringt, zeigt der Toyota durchaus eine sportliche Seite. Kurven liegen ihm, die Lenkung gibt genug Rückmeldung, und die Bremsen packen ausreichend zu. Bestellbar ist der neue C-HR ab sofort, erste Auslieferungen finden noch diesen Dezember statt.

Fazit: In der überwiegend unter Vernunftsaspekten zusammengestellten Toyota-Modellpalette ragt der neue CH-R ähnlich wie der neue Prius vor allem aufgrund seines Designs heraus. Unter dem Blech findet sich dagegen bewährte Antriebstechnik mit all ihren Stärken und Schwächen, sodass optischer Auftritt und Performance nicht so recht zusammenpassen wollen. Darin werden aber wahrscheinlich erneut viele Menschen keinen Widerspruch sehen und trotz der hohen Preise zugreifen.

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