HYUNDAY IONIQ 5 VS. SSANGYONG KORANDO E-MOTION: HEIMAT KOREA, ANTRIEB ELEKTRISCH, KONZEPT VERSCHIEDEN

Wie viel anders braucht es für ganz anders? Allen, die sich auf das ganze anders der batterieelektrischen Mobilität einlassen, will es Ssangyong mit dem Korando e-Motion so bekannt wie möglich machen. Wir klären im Vergleichstest, ob das besser ist als eine ganz andere Herangehensweise – die des Hyundai Ioniq 5.

Oma Duck, geborene Dorette Erpel, und somit Enkelin von Emil Erpel, dem Gründer Entenhausens, ist Onkel Dagoberts Tante. Doch eigentlich geht es um das Auto, das Oma Duck fährt: wie Thomas Edison oder John D. Rockefeller jr. einen Detroit Electric. Die bauen das EV-Opera-Car von 1907 bis 1930. Mit einer Vollladung des 180-Ah-Bleiakkus kommt es in Rekordversuchen bis zu 211,3 Meilen (340,1 km) weit. Es ist ein rollendes Wohnzimmer, bei dem sich der Lenkstängel an Mitreisende in den hinteren Polstersesseln weiterrücken lässt, und eine Revolution, die die Firma in den Ruin treibt.

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Was zeigt, wohin es führen kann, Kunden zu weit voraus zu sein, ihnen zu viel vom Anderen zuzumuten und zu wenig vom Bekannten zu lassen. Das ist das Stichwort für den Korando e-Motion. Im Gegensatz zum Hyundai Ioniq 5 treibt Ssangyongs erster Stromer nicht alles, sondern nur so viel wie nötig anders. Ob das zu einem besseren Ergebnis führt? Nur ein Weg, das herauszufinden: Wir messen sie durch, wir fahren hinaus, wir punkten es zusammen im Test. Wenn Sie vorher aber noch kurz mit diesem Karton helfen könnten?

Eigene Plattform bei Hyundai

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Aus dem zaubern wir nun mal einen Fernseher mit 55 Zoll (140 cm) Bildschirmdiagonale heraus. Der ließe sich laut Hyundai über das bidirektionale Ladekabel mit dem 58 kWh großen Lithium-Ionen-Akku des Ioniq verbinden und damit 19 Stunden lang betreiben – zusammen mit der Klimaanlage. Was zu zweierlei Erkenntnissen schon hier führt. Erstens: Möglichkeiten wie Eigenheiten und Anforderungen, mit denen Umsteiger bei einem Elektroauto konfrontiert werden, gehen mitunter über deren Vorstellungen hinaus. Zweitens: Ein Ioniq 5 wäre durchaus eine nette Räumlichkeit, um darin Netflix leer zu schauen. Erst recht, wenn die optionalen – für Lade-Nickerchen erdachten – Liegesitze samt Fußbank das Cockpit möblieren (1.200 Euro, nur für die Topversion).

Obgleich sein Format auf Fotos immer ein wenig nach Golf-I-Größe aussieht, breitet sich der Ioniq auf stattliche 8,8 Quadratmeter aus (nur so zum Vergleich: Golf I 6,0 m²). Unter der kantigen Karosse steckt eine eigens entwickelte Plattform, die E-GMP. Auf ihr lässt sich die ganze Stromerei besonders raumeffizient einsortieren – der Akku zwischen und die Motoren nah an den Achsen. Diese Skateboard-Architektur schafft nicht nur einen ebenen Innenboden, sondern auch ein Platzangebot weit über dem Niveau der Mittelklasse.

Pilot und Co logieren im weiträumigen, hochwertig eingerichteten Cockpit, zwischen ihnen die verschiebbare Mittelkonsole, vor ihnen die vereinigte Bildschirmwand von Instrumentendisplay und Infotainment-Touchscreen.

An die Bedienung (Drehknauf statt Wählhebel, viel per Touchscreen und Sprachsteuerung) gewöhnt man sich, erwartet man eben nichts Gewohntes. Wohnlich dagegen der Fond: Auf der bequem gepolsterten, 13,5 cm längsverschieb- und dazu Lehnenneigungs-variierbaren Bank kommen auch drei Mitfahrer bequem unter. Dahinter erstreckt sich das Ladeabteil, von dessen gut halbem Kubikmeter Volumen nicht mal etwas für die Ladekabel draufgeht – die passen ins 57-l-Frontladeräumchen.

Ioniq lädt schneller

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Am Kabel übrigens hängt der Ioniq viel kürzer als der Korando. Wegen der 800-Volt-Ladetechnik zieht er am Schnelllader im Test mit maximal 148 kW, speichert so binnen 41 Minuten genügend Energie für 200 km Reichweite – der Ssangyong braucht dafür eine Stunde. Noch größer ist der Vorteil an unserer 22-kW-Wallbox. Weil er dort dreiphasig mit 11 kW lädt, ist sein 58 kWh großer Akku in 5 Std. 15 min. komplett geladen. Dagegen zieht der Korando nur einphasig mit 4,6 kW. So dauert es 14 Stunden, bis der Akku seine Kapazität beisammen hat.

Warum der Ioniq trotz nominell kleinerer Batterie und höherem Verbrauch eine größere Testreichweite erzielt? Weil sein Akku wohl größer ist als angegeben, bei uns füllt er sich mit 60 kWh. Zudem nutzt der Korando von 61,5 kWh nur 56,6 für einen vollen Ladehub.

Die beiden stromerten bei uns mit Wärmepumpe (beim Korando immer Serie, kostet sie beim Ioniq nur in der Basisausstattung 1.200 Euro extra), aber noch bei eisigen Temperaturen durch den Test. Das erklärt die hohen Verbräuche (27,2 kWh/100 km beim Ioniq, 26,3 beim Korando).

Das Verbrauchen der Energie erweist sich im Ioniq 5 dabei als heitereres Vergnügen. Es reist sich behaglicher auf bequemen Sitzen. Trotz der straffen Grundabstimmung der Federung und obgleich sie kurze Unebenheiten mitunter durchreicht, federt der Hyundai umgänglicher. Und er fährt, nun: schöner. Mit dem Motor im Heck drückt er sich auf trockener Straße trittfest aus Kurven und ohne Herumgezerre in der Lenkung voran. Deren unaufgeregte Fähigkeiten im Bereich des Richtungswechsels kommen zwar ohne große Beiträge an Rückmeldung oder Präzision aus. Doch fährt der 5 auch wegen des niedrigen Schwerpunkts sicherer durch Kurven und entspannter geradeaus.

Voraus allerdings ist er dem Ssangyong bei den Fahrleistungen nur in der Höchstgeschwindigkeit. Die 125 kW der Heckmaschine drängen ihn ansonsten druckvoll, aber nicht so richtig intensiv voran. Die Intensität der Rekuperation lässt sich über Paddel am Lenkrad anpassen, von freiem Rollen bis Einpedal oder adaptiv. Auch das funktioniert finessenreicher als beim Korando – und bei vielen anderen E-Autos. Ja, trotz seiner knappen Reichweite nämlich ist der Ioniq eines der allerbesten E-Autos, die es derzeit gibt. Mag man sich auf seine Eigenheiten einlassen, möchte man bald nichts anderes mehr.

Korando: Artig und schlicht

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Weniger anders, mehr Gewohntes? Dazu begrüßen wir den Ssangyong. Die Ingenieure haben das ganze E-Werk in den seit 2019 gebauten Korando integriert. Die 140 kW starke Synchronmaschine hat sich unter der Motorhaube eingerichtet, der Lithium-Ionen-Akku staffelt sich am Boden bis an die Hinterachse. So mindert nichts davon die knapperen Raumreserven des – allerdings 17 cm kürzeren – Korando. Der bringt vier Erwachsene angemessen unter. Dabei erscheinen einem die Vordersitze gar nicht mehr so klein und hart gepolstert, hat man eine Zeit lang auf der steillehnigen, dünnen Rückbank gesessen.

Auch der Federung gehen größere Komfortqualitäten ab. Wie bei so vielen gewichtigen Stromern haben die Techniker den Ssangyong straff abgestimmt, um ihn auf hohe Fahrsicherheit zu trimmen. So rempelt der Korando arg ungeschickt über kurze Unebenheiten, katapultet mitunter an der Hinterachse. Auch auf langen Wellen möge man keine Geschmeidigkeit erwarten. Und trotz seiner Härte hat das Set-up die Karosseriebewegungen nicht fest im Griff.

So fährt der Korando den Herausforderungen der dynamischen Kurvenfahrt mit spärlichem Talent dazu entgegen. Das Wenige, was die Lenkung außer bemerkenswert groben Antriebseinflüssen an Rückmeldung aufbringt, verschubbert in frühem, ausuferndem Untersteuern, das ein rigide einpreschendes ESP in seinem Tempo und Raumbedarf einbremst.

Womit nun der Punkt gekommen scheint, um all das zu relativieren: Denn es ist ja nicht so, dass der E-Korando das schlechter machte als seine Diesel- oder Benzinerversion. Und wer sich bisher einen kaufte, dürfte sich daran auch hier nicht stören. Sondern viel eher daran erfreuen, wie leicht Ssangyong selbst eher Unbedarften den alltagsrelevanten Umgang mit einem E-Auto macht.

An sich genügt es, zu laden statt zu tanken. Ansonsten: läuft. Und das selbst wenn man nicht die Rekuperation per Schaltpaddel dreistufig variieren, Ladezeitpunkte managen oder den Innenraum vorklimatisieren mag. Geht alles, muss aber nicht.

Direkt und vehement

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Zum Einsteigen klappen hier keine bündig eingelassenen Griffe aus den Türen. Beim Korando sind die Griffe einfach da, wie übrigens auch ein Heckwischer, dessen Nutzhaftigkeit Hyundai dagegen für überschätzt hält. So geht es los im Korando: einfach Kabel ausstecken, unter dem Ladeboden verstauen, auf den Fahrersitz klettern, Startknopf und Bremsen drücken, Wählhebel wie bei jedem Automatikwagen auf "D" rücken, Fuß aufs rechte Pedal. Draufdrücken.

Schon im Eco-Modus geht es dann direkt und vehement voran, aber eben noch ohne das ganze Vorderradgezerre im Normal- und erst recht Sport-Modus. Man missverstehe den Korando e-Motion nicht als Auto ohne Ambitionen. Nur liegen sie eben nicht in Feinschliff bei Handling, Materialanmutung oder Komfort, sondern im zweckmäßigen Alltagsnutzen.

Den steigert er mit vielen Ablagen, der einfachen Bedienung und cleveren Details wie dem Auf-freundliche-Nachbarschaft-Schalter. Über den lässt sich die Steckerverriegelung nach vollendetem Ladevorgang lösen. Sollte man sich also eine Wallbox mit den Nachbarn teilen, kann Herr Nebenan den Ssangyong einfach ab- und seinen Stromer anstöpseln.

Zudem stattet Ssangyong den e-Motion nicht nur reich aus (in der Topversion mit allem von – trübem – LED-Licht bis Rückfahrkamera), sondern auch mit sieben Jahren Komplettgarantie auf das ganze Auto, sein E-Werk und die Mobilität. Was neben großem Vertrauen in ihr Produkt auch für die optimistische – oder fatalistische? – Lebenseinstellung der Beteiligten bei Ssangyong spricht. So oft, wie es in den letzten zehn Jahren schien, als sei der Laden im nächsten Monat am Ende.

Am Ende sind nun aber wir mit dem Vergleichstest. Den gewinnt der auf fünf Jahre garantiegesicherte, ebenfalls reich ausgestattete Ioniq 5. Was uns zu einer für Hyundai lange Zeit unvermuteten Schlussfolgerung bringt: Die können auch anders.

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